Diskussionsabend zum Thema Landwirtschaft
Unter dem Titel „Wollen wir noch Landwirtschaft“ wurde am Freitag, den 06.10.2023, zu einem Diskussionsabend rund um Agrar- und Landwirtschaftspolitische Themen nach Neuried geladen. Gastgeber war die Familie Adam, die in Neuried einen Geflügelhof betreibt und Tabak anpflanzt. Nach einer Führung an deren außenliegenden Produktionsstandort fand dort die Generalversammlung des BLHV-Ortsverbands statt, unter der Leitung des Vorsitzenden David Mild. Nach einem kurzen Impuls durch den agrarpolitischen Sprecher der FDP-Landtagsfraktion Georg Heitlinger MdL sowie den örtlichen FDP-Bundestagsabgeordneten Martin Gassner-Herz, moderierte der FDP-Kreisvorsitzende Johannes Baier die folgende Podiumsdiskussion.
David Mild kritisierte insbesondere die zunehmende Bürokratie. Als konkretes Beispiel nannte er den sogenannten Gemeinsamen Antrag, darin geben die betroffenen Landwirte die notwendigen Angaben zu den möglichen Förderprogrammen an. „Nicht nur, dass die Zahl und Komplexität der zu beantragenden Einzelmaßnahmen ständig zunimmt, sind nun auch noch zwei Anträge notwendig. Zunächst ein Vorantrag und später ein richtiger Antrag“, so David Mild und weiter: „Die Antragszeiträume fallen auch genau in die Erntezeit. Ich verbringe also wertvolle Zeit im Büro, anstatt bei der eigentlichen Arbeit“.
Weiter kritisierte David Mild die Reduzierung des Umsatzsteuersatzes für pauschalierende Landwirte: „Die Pauschalierung der Umsatzsteuer ist gerade für kleine Betriebe eine einfache und bürokratiearme Methode der Umsatzbesteuerung. Ständig wird diese reduziert und so zunehmend unattraktiver“, und weiter: „Ich verstehe nicht, warum wir uns von der EU hier eine erfolgreich angewandte Vereinfachung in unserem System wegnehmen lassen“. Betriebe mit weniger als 600.000€ Jahresumsatz können mit dieser Regelung ihre Rechnungen mit einem pauschal festgelegten Durchschnittsatz beaufschlagen und die Vorsteuer in gleicher Höhe geltend machen. Durch die Pauschalierung entfällt die aufwändigere Meldung des Vorsteuerabzugs. Georg Heitlinger führte aus, dass die Anpassung gesetzlich, gemäß statistischer Daten, vorgeschrieben sei: „Laut EU-Recht ist ein zu hoher Durchschnittssatz nicht zulässig, da dieser zu Steuerausfällen und damit einer Subvention führt. Diese Anpassung steht also regelmäßig an und ist nicht zu verhindern“.
Unter den Teilnehmenden war auch Ulrich Müller, erster Vorsitzender des Verbands Badischer Klein- & Obstbrenner. Er kritisierte massiv die Verwaltungspraxis im Umgang mit den hiesigen Klein- und Obstbrennern, welche zu extremen Unsicherheiten und bürokratischen Lasten für die Erzeuger führt. Außerdem sei die erlaubte Jahreserzeug von 3hl Alkohol je Brennrecht im Angesicht extrem gestiegener Kosten nicht mehr ausreichend, um wirtschaftlich zu produzieren. Johannes Baier zeigte sich engagiert: „Ich habe bereits vor einem Jahr in der FDP-Ortenau einen entsprechenden Antrag mit diesen Forderungen eingebracht. Er ist mittlerweile Beschlusslage und wurde bis zum Landesparteitag getragen“. Er warb um Verständnis, dass man nicht allein in der Regierung sei und das Thema Alkohol und auch das Abfindungsbrennrecht, dass eine regionale Ausnahme darstelle, teilweise kritisch gesehen würde.
Dem Bundestagsabgeordneten Martin Gassner-Herz war es wichtig zu betonen, dass die Landwirtschaft ein offenes Ohr auf Bundesebene findet. Gerade die Realität in seinem Wahlkreis Offenburg sei manchmal gegenüber Kollegen aus anderen Regionen erklärungsbedürftig.
„Unsere Aufgabe ist es, die Rahmenbedingungen zu schaffen, die der besonderen Situation in der Ortenau, ob in der Waldwirtschaft, bei Sonderkulturen, Winzern, Streuobst- und Tabakbauern oder Brennern gerecht werden. Im regelmäßigen Austausch mit den hiesigen Landwirten zeigt sich immer wieder, dass genau diese Vielfalt eine diffizile Balance bildet, aber auch gleichzeitig eine vielfältige Landschaft und Landwirtschaft bedeutet, die uns zu einer lebenswerten und auch touristisch und gastronomisch so attraktiven Region macht.“