Martin Gassner-Herz

FDP sieht Kreisläufe und Gleichgewicht der „Genussregion Ortenau“ bedroht

Die FDP Ortenau hatte am vergangenen Freitag mit Martin Gassner-Herz (Bundestagskandidat, Wahlkreis Offenburg) den Bundestagsabgeordneten und tourismuspolitischen Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Dr. Marcel Klinge zu Gast. Eingeladen waren Verbandsvertreter und Unternehmer aus den Bereichen Landwirtschaft, Lebens- und Genussmittel sowie Hotellerie und Gastro.

In seiner Begrüßung erläuterte Gassner-Herz, dass das enge Zusammenspiel dieser Branchen durch Bürokratie, enorme Abgabenbelastungen und mangelnde Anerkennung bedroht sei. „Unsere Region lebt vom gesunden Kreislauf aus Tourismus, landwirtschaftlicher Nutzung und damit verbundener Lebens- und Genussmittelherstellung. Meine Erfahrung ist, dass es den Erzeugern und Unternehmern sehr gut gelingt, ein ökologisches und für die Region wertvolles Gleichgewicht zu schaffen. Ökonomisch gerät es aber immer mehr unter Druck und wird in Frage gestellt.“

„In der Gastronomie und Hotellerie haben seit Beginn der Pandemie über 150.000 Mitarbeiter die Branche verlassen“, so Klinge in seiner Begrüßung. Der Fachkräftemangel sei für die 220.000, meist familiengeführten Betriebe, existenzbedrohend. Die Wirtschaftshilfen während Corona seien nicht vor Ort angekommen, wo sie dringend gebraucht wurden. „Der Lufthansa und TUI wurde innerhalb weniger Tage mit Milliarden geholfen, während die kleinen und mittelständischen Betriebe teils monatelang keinen Cent sahen“. Nicht die Hilfe an die Großen, sondern das Vergessen der Kleinen sei das Hauptproblem. „Viele werden nun dauerhaft schließen müssen. Unser Wirtschaftsminister Altmeier war mit diesen Herausforderungen komplett überfordert“, so Klinge weiter.

Anschließenden stellten sich die Teilnehmer vor und trugen in kurzen Impulsen Ihre Sorgen und Nöte und damit verbundenen politischen Forderungen vor. Stephan Danner (Badischer Weinbauverband) wünscht sich mehr Respekt und Anerkennung für seine Winzer: „Die Klima- und Naturschutz-Debatte wird in Deutschland nicht sachlich geführt. Es wird ein falsches Bild von der Landwirtschaft geschürt“. Diese sei jedoch der aktivste Naturschützer. Viele Betriebe stünden angesichts dieser Herausforderungen ohne Nachfolger da.

Gerald Erdrich und Klaus Lindenmann (Bundesverband bzw. Badische Klein- und Obstbrenner) stellten die Ortenau als Herzkammer der Herstellung von Edelbrände im Abfindungsverfahren vor. „Unsere Brennereien sind in ihrer Produktionsmenge auf 300 Litern pro Jahr beschränkt, was nicht ausreichend ist, um wirtschaftlich zu produzieren“, so Erdrich. Die Forderung des Verbandes auf 500 Liter zu erhöhen, wurde in der Bundesregierung nicht gefolgt, obwohl die Europäische Richtlinie doppelt so viel zuließe. „Es ärgert mich, dass man zum ohnehin hohen Wettbewerbsdruck noch in Deutschland einen draufsetzt“.

Dominic Müller (DeHoGa Ortenau) betonte ebenfalls den Fachkräftemangel als größte Herausforderung und ergänzte, dass in der Ortenau jeder siebte Arbeitsplatz vom Tourismus abhängt.

„Vor 25 Jahren hatten wir noch 25.000 Betriebe, heute noch 800.“ betonte Wendelin Obrecht (Obstgroßmarkt Mittelbaden). Zwar begrüße er die Professionalisierung zur Steigerung der Effizienz, aber die regionale Lebensmittelherstellung und -versorgung sei in Gefahr. Die deutsche Landwirtschaft könne mit den Auslandspreisen nicht mithalten, die meist geringeren Standards entsprächen und über weite Strecken importiert werden müssten. „Insbesondere arbeitsintensive Kulturen wie Himbeeren lohnen sich bei steigenden Lohnkosten in Deutschland einfach nicht mehr und verschwinden.“ so Obrecht.

Michael Ziegler (Familienbrauerei Bauhöfer) verwies darauf, dass der ÖPNV für Azubis nicht ausreichend und nur schlechte Internetzugänge verfügbar sind. „Unser Betrieb lebt von und für die Region, aber wir brauchen auch die notwendige Infrastruktur um produzieren zu können“, so Ziegler.